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© MPI für Immunbiologie und Epigenetik, A. S. Rambold

Eine antibakterielle Liaison

Wie die Interaktion zwischen Lysosomen und Mitochondrien das Wachstum von Salmonellen in Makrophagen begrenzt

Freiburg/Würzburg, 21. Juli 2022 – Makrophagen nehmen eine zentrale Rolle in unserer Immunabwehr ein. Sie fangen eindringende Krankheitserreger im Körper ein und verdauen sie in ihrem Inneren. Bestimmte Bakterien wie Salmonellen oder Mykobakterien sind jedoch in der Lage, dem als Lysosom bezeichneten Verdauungssystem der Makrophagen zu widerstehen und dadurch der Bekämpfung durch Immunzellen zu entgehen. Forschung des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie und Epigenetik (MPI-IE) in Freiburg und des Würzburger Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) zeigt nun, wie verschiedene Organellen des Makrophagen miteinander kommunizieren, um einen besonders effektiven antibakteriellen Abwehrmechanismus zu aktivieren. So hängt die erfolgreiche Beseitigung bestimmter Bakterienarten von einem Signal ab, welches das phago-lysosomale System an ein anderes Organellensystem, die Mitochondrien, vermittelt. Dieses bisher unbekannte Zusammenspiel der Lysosomen und Mitochondrien innerhalb der Immunzellen könnte neue Ansatzpunkte bieten, um infektiöse Erkrankungen besser zu kontrollieren.

Makrophagen sind eine der wichtigsten Abwehrzellen des angeborenen Immunsystems. Sie befinden sich in fast allen Geweben unseres Körpers und spielen eine unverzichtbare Rolle für die Gesundheit unserer Organe, da sie ständig absterbende Zellen entfernen und Mikroben beseitigen, die in das Gewebe eingedrungen sind. Makrophagen gelten als professionelle Fresszellen, da sie besonders gut fremdes Material und pathogene Erreger aufnehmen, zerstören und dadurch eliminieren.

Jedoch haben bestimmte Bakterien, wie etwa Salmonellen, Strategien entwickelt, um dem Verdau innerhalb des Makrophagen zu entgehen, und verursachen auf diese Weise schwere Entzündungen wie etwa Typhusinfektionen. Wissenschaftler:innen des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie und Epigenetik (MPI-IE) in Freiburg und des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) in Würzburg zeigen in ihrer neuesten Studie im Fachjournal Nature Metabolism, wie das Zusammenspiel zweier Organellen, den Lysosomen und den Mitochondrien, das Wachstum dieser Bakterien in Makrophagen hemmt.

Signale vom zellulären Verdauungssystem

Das Innere eines Makrophagen ist, wie bei den meisten anderen Zellen auch, in mehrere, unterschiedliche Kompartimente unterteilt. Diese als „Organellen“ bezeichneten Untereinheiten einer Zelle übernehmen jeweils spezifische Funktionen, analog zu den Organsystemen des Menschen, welche spezialisierte Aufgaben im Körper übernehmen. Als Fresszellen verfügen Makrophagen über ein sehr ausgeprägtes Verdauungsorganell, das Phago-Lysosom, in welchem Mikroorganismen für gewöhnlich in Stücke zerlegt und somit inaktiviert werden. „Es ist seit langem bekannt, dass das Protein TFEB in seiner Funktion als Transkriptionsfaktor eine wichtige Rolle bei der Kontrolle des phago-lysosomalen Systems spielt. Neuere Erkenntnisse zeigten ebenfalls, dass TFEB auch bei der Abwehr von Bakterien von Bedeutung ist“, sagt Max-Planck-Gruppenleiterin und Leiterin der Studie Angelika Rambold.

Sie und ihr Forschungsteam wollten herausfinden, wie genau TFEB diese antibakterielle Rolle in Makrophagen vermittelt. Dabei bestätigten sie zunächst frühere Erkenntnisse, dass ein breites Spektrum von mikrobiellen, bakteriellen und entzündlichen Signalen das Protein TFEB und das phago-lysosomale System aktivieren. „Es machte durchaus Sinn, dass pathogene und entzündliche Signale TFEB aktivieren. Schließlich benötigen Makrophagen nach dem Verzehr von Bakterien ein aktiveres Verdauungssystem. Interessanterweise zeigten unsere Experimente jedoch auch eine deutliche Wirkung der TFEB-Aktivierung auf ein anderes intrazelluläres Organellensystem – die Mitochondrien. Das war für uns völlig unerwartet und neu“, sagt Angelika Rambold.

Anweisung an Mitochondrien: antimikrobielle Beschaffenheit hochregeln

Mitochondrien werden häufig als „Kraftwerke der Zelle“ bezeichnet. Bestehend aus einer inneren und einer äußeren Membran, sind diese Organellen der primäre Ort der zellulären Atmung, an dem aus zugeführten Nährstoffen Energie für die Zelle freigesetzt wird. Mitochondrien dienen in Immunzellen aber auch als Quelle für antimikrobielle Stoffwechselprodukte.

Durch den Einsatz eines breiten Spektrums experimenteller Techniken wie etwa Metabolomik und verschiedenen bildgebenden Verfahren, gelang es dem Team, den genauen Signalweg zu identifizieren, der das Zusammenspiel zwischen Lysosomen und Mitochondrien steuert. „Makrophagen nutzen während der Immunantwort eine faszinierende inter-organelle Signalkette: das Lysosom aktiviert TFEB, welches daraufhin in den Zellkern wandert und dort die Transkription eines Proteins mit dem Namen IRG1 reguliert. Dieses Protein wiederum wird in die Mitochondrien eingeschleust, wo es als wesentliches Enzym für die Produktion des antimikrobiellen Stoffwechselprodukts Itaconat dient“, erklärt Angelika Rambold.

Organellen-Kommunikation nutzen, um bakterielle Infektionen zu kontrollieren

Die Forscher:innen untersuchten weiterhin, ob sie diesen neu identifizierten Signalweg zur Kontrolle des Bakterienwachstums nutzbar machen können. „Wir vermuteten, dass man die Aktivierung dieses Signalwegs nutzen könnte, um bestimmte Bakterien, wie Salmonellen, zu hemmen“, sagt Angelika Rambold. „Salmonellen können dem Abbau durch das phago-lysosomale System entgehen. Sie schaffen es, innerhalb von Makrophagen zu wachsen, was zur Verteilung dieser Bakterien auf mehrere Organe im infizierten Körper führen kann“, erklärt Alexander Westermann, HIRI-Gruppenleiter und Juniorprofessor an der Universität Würzburg.

Als die Forscher:innen TFEB in infizierten Maus-Makrophagen aktivierten, hemmte der TFEB-Irg1-Itaconat-Signalweg das Wachstum von Salmonellen in den Zellen. Diese Daten zeigen, dass das Zusammenspiel von Lysosomen und Mitochondrien einen antibakteriellen Abwehrmechanismus darstellt, der Makrophagen davor schützen soll, als bakterielle Wachstumsnische missbraucht zu werden.

Angesichts des zunehmenden Auftretens multiresistenter Keime rechnen Experten mit mehr als 10 Millionen Todesfällen weltweit pro Jahr – und das schon im Jahr 2050. Demnach ist es äußerst wichtig, neue Strategien zur Bekämpfung bakterieller Infektionen zu finden, welche der natürlichen Immunkontrolle entkommen. Die pharmakologische Verwendung des TFEB-Irg1-Itaconat-Signalwegs oder von Itaconat selbst könnte ein vielversprechender Weg zur Behandlung von Infektionen sein, welche durch Itaconat-sensitive Bakterien verursacht werden. Ob diese neuen Ansatzpunkte auch beim Menschen erfolgreich eingesetzt werden können, muss aber nach Einschätzung der Wissenschaftler:innen aus Freiburg und Würzburg noch weiter untersucht werden.

OriginalPubliKation

TFEB induces mitochondrial itaconate synthesis to suppress bacterial growth in macrophages.
Schuster E-M, Epple MW, Glaser KM, Mihlan M, Lucht K, Zimmermann JA, Bremser A, Polyzou A, Obier N, Cabezas-Wallscheid N, Trompouki E, Ballabio A, Vogel J, Buescher JM, Westermann AJ, Rambold AS (2022). Nature Metabolism.

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Luisa Macharowsky

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