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Nicht nur Ergebnisse liefern, sondern Dinge verstehen

Warum entscheiden sich junge Menschen für eine Karriere in der Wissenschaft und für den Forschungsstandort Würzburg?

Yuanjie Wei ist im Nordosten Chinas aufgewachsen und forscht seit Juli 2020 als Doktorandin am Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI). „Ich habe Biologie studiert, liebe aber auch Mathematik, Programmieren und Computerspiele“, so Wei. Am HIRI in der Gruppe von Mathias Munschauer kann sie all diese Interessen verbinden. Das Team kombiniert Technologien aus den Bereichen Biochemie, Genomik, Molekularbiologie und Bioinformatik. „Als ich im Internet über die Arbeit der Munschauer-Gruppe gelesen habe, wusste ich: Hier will ich arbeiten.“ Die Bewerbungsgespräche führte sie per Videokonferenz von China aus. „Nachdem klar war, dass ich anfangen werde, wurde ich zu einer Videokonferenz mit dem gesamten Team eingeladen. Obwohl ich so weit weg war, hatte ich gleich das Gefühl, dazuzugehören. Das hat mir sehr gefallen“, so Wei.

Manchmal nur Zufall

Aber auch andere Wege führen ans HIRI, so wie der von Tanja Achmedov. Die Technische Assistentin kam vor zwanzig Jahren aus Kasachstan nach Deutschland. In Kasachstan hatte sie Biologie studiert und vier Jahre als Lehrerin gearbeitet. Dass sie in Würzburg gelandet ist, sei Zufall, ein glücklicher Zufall sogar. „Ich habe mich in die Stadt verliebt“, schwärmt Achmedov. „Das viele Grün mitten in der Stadt, die Natur, die hügelige Landschaft drum herum, so etwas gibt es in Kasachstan nicht so häufig.“ Glück hatte sie auch bei der Arbeitssuche: „Mein erstes und einziges Interview in Deutschland habe ich mit Jörg Vogel geführt, und er hat mir die Stelle angeboten.“

Dynamisches Wachstum

2018 wechselte Achmedov von der Universität Würzburg ans HIRI. Bei Chase Beisel startete sie im Team mit drei Mitarbeitern. Heute koordiniert sie das Labor für 25 Wissenschaftler:innen. Auch wenn der Organisationsaufwand rasant gestiegen ist, gibt die engagierte technische Assistentin einige Laborarbeiten nicht aus der Hand. So produziert sie selbst die Reagenzien für ihre Gruppe, die sonst gekauft werden müssten.

Lehrer:innen haben entscheidende Rolle

Ihre Liebe zur Biologie wurde in der Schule geweckt. „Ich hatte eine Lehrerin, die an mich glaubte und mich ermutigte.“ Und obwohl sie nicht in allen Fächern sehr gut gewesen sei, wurde sie zur „Biologie-Olympiade“ geschickt. „Da wusste ich, dass ich es sicher schaffen kann“, so Achmedov. Wie wichtig die Rolle der Lehrer ist, bestätigt Milan Gerovac. „Ich hatte einen sehr engagierten Chemielehrer. Wir durften in kleinen Gruppen praxisnahe Projekte bearbeiten, die schon ins Molekularbiologische gingen. Mich hat damals schon fasziniert, an Dingen zu arbeiten, die man nicht sehen kann.“ Sein Lehrer habe auch Besuche beim Krebsforschungszentrum in Heidelberg organisiert. „Dadurch konnte ich mir ein Bild machen, wie der Arbeitsplatz eines Wissenschaftlers tatsächlich aussieht.“

Kitaplätze schwer zu finden

Nach seiner Promotion kam Gerovac 2018 an die Uni Würzburg und arbeitet jetzt auch am HIRI. In Würzburg schätzt er die kurzen Wege und das kulturelle Leben. „Allerdings war es schwierig, einen Kitaplatz zu organisieren. Hier sehe ich klar Optimierungsbedarf“, meint Gerovac. Die Wissenschaft sei geprägt vom starken globalen Wettbewerb; Forschende müssten ihre Ergebnisse zügig veröffentlichen. Es könne schnell belastend werden, wenn man – der Kinder wegen – seine Forschung ein paar Jahre auf Eis legen müsse.

Im Aufbruch

Am HIRI begeistere ihn, dass die Wissenschaft im Aufbruch begriffen sei. „Wir haben schon vieles verstanden in der RNA-Biologie, aber jetzt wird klar, welche Größenordnung das hat“, so der Wissenschaftler. Bisher habe man auf die offensichtlichen Dinge geschaut. Jetzt gehe es darum, im nächsten Schritt die Zusammenhänge global zu erkennen. „Wir müssen immer mehr in Netzwerken denken. Da sehe ich viel Potenzial.“ In Verbindung mit anderen Bereichen wie der Informationstechnologie habe man Werkzeuge an die Hand bekommen, diese Komplexität besser zu verstehen. „Wir machen modernste und zukunftsweisende Forschung. Es geht nicht nur darum, Ergebnisse zu liefern, sondern darum, Dinge zu verstehen, die vielleicht erst in 20 oder 30 Jahren relevant werden“, so Gerovac.


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