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Neue Methode zum Schärfen der CRISPR-Genschere

HIRI-Forscher beschreiben in Science Advances, wie sie neue PAM-Sequenzen aufspüren, mit denen sich die Präzision der CRISPR-Genom-Editiertechnologien verbessern lässt.

Mit der kürzlichen Verleihung des Nobelpreises für Chemie an Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna ziehen die Begriffe CRISPR und Cas9 derzeit in den Nachrichten und sozialen Medien große Aufmerksamkeit auf sich. Unterdessen haben Wissenschaftler am Würzburger Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI), einem Standort des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI), neue DNA-Motive namens PAMs (Protospacer Adjacent Motifs) für Cas9 identifiziert, die zur Verfeinerung der Präzision der CRISPR-Technologien eingesetzt werden können. Das Forschungsteam unter der Leitung von Professor Chase Beisel, Leiter der Arbeitsgruppe Biologie synthetischer RNA am HIRI, veröffentlichte seine Ergebnisse in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der North Carolina State University und der University of North Texas im Laufe dieses Jahres in der Zeitschrift Science Advances.

Es gibt zwar viele verschiedene Cas-Nukleasen, die am häufigsten verwendete ist jedoch die Cas9-Nuklease aus einem Bakterium namens Streptococcus pyogenes. "Wie andere Cas-Nukleasen auch, kann Cas9 nur auf DNA-Sequenzen einwirken, die von einem spezifischen PAM flankiert sind", erklärt Beisel. Das Akronym PAM, die Abkürzung für Protospacer Adjacent Motif, bezeichnet eine spezifische Nukleotidsequenz, deren Vorhandensein und Lage die Bereiche im Genom vorgibt, die von CRISPR bearbeitet werden können. Diese Motive sind Nuklease-spezifisch, was bedeutet, dass zwar viele verschiedene Cas-Nukleasen existieren, aber jede nur auf eine bestimmte PAM anspricht. Cas-Nukleasen können jedoch auch sogenannte Off-Target-Effekte haben, bei denen ähnliche Sequenzen an anderen Stellen im Genom unabsichtlich ins Visier genommen werden, was zu verminderter Präzision und unbeabsichtigten Editiervorgängen führt.

Trotz umfangreicher Forschungsarbeit war bisher unklar, ob auch weitere Sequenzen von Cas9 als PAM erkannt werden können. Das Team fand heraus, dass die häufig verwendete Cas9 tatsächlich in der Lage ist, zusätzliche PAMs zu erkennen. Diese unerwarteten Ergebnisse " haben möglicherweise Auswirkungen auf jede Anwendung, in der dieses Cas9 bisher verwendet wird", erklärt Prof. Beisel. Da Cas9 zur Zeit sowohl für die Untersuchung menschlicher Krankheiten als auch für die menschliche Gentherapie in laufenden klinischen Studien verwendet wird, hätte eine verbesserte Kenntnis darüber, welche DNA-Sequenzen gezielt eingesetzt werden können und welche nicht, Auswirkungen auf all diese Einsatzgebiete. In Zukunft könnten solche "nicht-kanonischen" PAMs möglicherweise nicht nur für Cas9, sondern auch für andere Nukleasen in Algorithmen zur Vorhersage von Off-Target-Effekten einbezogen werden. Dadurch könnte die Präzision der CRISPR-Technologien insgesamt erhöht werden.

Darüber hinaus stellt ihre Arbeit den ersten PAM-Screen vor, der die Erkennung eines PAM mit E. coli-Wachstum auf Zucker verbindet, was die Ermittlung von PAM-Präferenzen vereinfacht. Diesen einzigartigen Hochdurchsatz-Screen wird PAM-SEARCH genannt. Die Forscher konnten bestätigen, dass die neuartigen PAM-Sequenzen mit einer Vielzahl von Analyseverfahren sowohl in bakteriellen als auch in menschlichen Zellen identifiziert werden können, z.B. mit Basen-Editoren, die entwickelt werden, um krankheitsverursachende Mutationen zu beheben. Die Studie erzielte dieselben Ergebnisse für "High-Fidelity"-Versionen von Cas9, von denen bekannt ist, dass sie keine Off-Target-Stellen erkennen. Weitere von den Forschern durchgeführte Simulationen zur molekularen Dynamik geben Aufschluss darüber, wie Cas9 diese einzigartige PAM-Sequenz auf molekularer Ebene erkennt.

CRISPR-Technologien: Was sind genetische Scheren und warum sind sie wichtig?

"CRISPR-Technologien sind revolutionäre Werkzeuge für die Genombearbeitung, die eine Vielzahl von Anwendungen in verschiedenen Bereichen wie Medizin, Landwirtschaft, Biotechnologie und wissenschaftliche Forschung bieten", erklärt Prof. Beisel. Häufig als genetische Schere bezeichnet, besteht CRISPR/Cas aus zwei Komponenten, die es Wissenschaftlern ermöglichen, bestimmte DNA-Abschnitte von Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen gezielt zu bearbeiten. Das System benötigt eine "Leit-RNA", die es den Wissenschaftlern ermöglicht, eine bestimmte DNA-Region anzusteuern, während Cas, eine von der RNA geleitete Nuklease, die DNA wie eine Schere schneidet. Sobald die DNA geschnitten ist, lässt sich der genetische Code leicht umschreiben, indem bestimmte Sequenzen entfernt oder hinzugefügt werden.

OriginalpubliKation

D. Collias, R. T. Leenay, R. A. Slotkowski, Z. Zuo, S. P. Collins, B. A. McGirr, J. Liu and C. L. Beisel: A positive, growth-based PAM screen identifies noncanonical motifs recognized by the S. pyogenes Cas9. Science Advances (2020), DOI: 10.1126/sciadv.abb4054

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